Referenzen Fallbeispiel
Im Rahmen eines Artikels für das Pflegemagazin im September 04 habe ich drei Kunden von mir dahingehend interviewt, was denn unsere Zusammenarbeit für sie verändert hat. Hier ihre ausführlichen Antworten.
Interview mit Oberin Caren Hünlich
Pflegedirektorin Kreiskrankenhaus
Rothenburg an der Fulda
Frau Oberin, Sie haben unter anderem einen extern begleiteten Klärungsprozess zwischen der Pflege und Chefärzten erlebt – was waren hilfreiche Vorgehensweisen? Was empfehlen Sie anderen in ähnlichen Situationen?
Oberin Frau Caren Hünlich:
„Grundsätzlich ist es schon mal hilfreich, dass ein Dritter, Unbeteiligter dabei ist. Jemand, der nicht ins Geschehen involviert ist und dadurch unparteiisch sein kann. Der sich die einzelnen Sichtweisen ausführlich schildern lassen kann, was einem die Möglichkeit gibt, sich selber klarer auszudrücken und gleichzeitig den anderen besser verstehen hilft. Ohne Externen würde man so genau nicht über die Situation sprechen, weil man sich die Zeit dafür nicht so nehmen würde und es auch scheinbar nicht die Notwendigkeit gibt, weil ja die Beteiligten bei den Situationen dabei waren. Dem Externen muss man die jeweilige Perspektive aber genau erzählen, und darin liegt für mich schon viel Heilsames.
Dabei war es für mich hilfreich, dass Herr Prior kein Mediziner oder Pflegeexperte ist, denn so konnte er das Geschehen gleich von Anfang an auf einer anderen Ebene sehen. Denn es geht zumeist bei eskalierten Konflikten nicht um das Fachliche. Er ließ sich so von Haus aus nicht verstricken, nicht in Versuchung bringen, Recht und Unrecht zu sprechen. Das Fachliche ist meist nur vordergründig, tiefer haben Auseinandersetzungen fast immer ihre Wurzeln im Zwischenmenschlichen. Und da ist es interessanterweise gerade gut, wenn der Begleiter nichts von den Fachfragen versteht.
Ach ja, zwar nicht immer leicht, aber gut war auch, dass der eine zuerst nur mal zuhört, nicht selber was dazu sagt und korrigiert. Auch wenn ich manchmal schier in die Luft gegangen wäre, weil ich es nicht hören konnte, so war es doch im Nachhinein konstruktiv, weil die ersten Emotionen abgeklungen sind und ich mehr zugehört und verstanden habe und danach klarer ins Gespräch mich einbringen konnte. Alleine entsteht so eine Atmosphäre eher selten, man verbeißt sich viel schneller ineinander.
Was ich auch noch bemerkt habe ist, daß Themen zu tage kommen, die man schon irgendwie ahnt, unterschwellig merkt, die aber ohne die externe Begleitung nicht so auf den Punkt gebracht werden. Z.B. bei dem Gespräch Medizin – Pflege kamen ja nach und nach immer mehr rein menschliche Aspekte ins Gespräch. Ganz losgelöst von den Funktionen ging es dann um zwischenmenschliche Verletzlichkeiten, die meiner Einschätzung nach ohne Begleitung so nie gezeigt worden wären. Dies ermöglicht eben dieser Schonraum, in dem auch durch das vorsichtige Nachfragen es tiefer und wesentlicher wurde. Auch, dass Herr Prior für die einzelnen gesprochen hat, ist da wichtig, weil man selber zu seiner eigenen
Äußerung irgendwie Distanz kriegt und dadurch sie überprüfen kann und hört, was denn verstanden wurde. Und oft wurde es durch diese Form nochmal klarer und direkter, was für alle gut war.
An dieser Klarheit gemessen wird mir leider im Alltag deutlich, wie unklar und ausweichend wir oft kommunizieren, aber auch, wie wichtig und heilsam es wäre. Dies frustriert mich schon ein wenig, weil ich merke, wie sehr langsam sich die alltägliche Kultur verändert.
Überhaupt bin ich aber dankbar und sehe es als ein Qualitätsmerkmal an, dass sich unser Haus eine solche Begleitung leistet und es nicht als Manko ansieht. Oft gilt es ja in der Führungsposition als Fehler, wenn man einen externen Begleiter holt: der oder die kann es wohl nicht alleine. Und da ist es sehr wertvoll, dass man mal einen solchen Prozeß selber erlebt hat und sieht, welche Fehler und Konflikte man sich erspart.“